Forschung mit handfestem Bezug

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01. September 2022

Was f眉r ein kostbares Gut Wasser ist, das war in Deutschland selten so sp眉rbar wie im D眉rresommer 2022. Wie man die Ressource Wasser schonen kann, dar眉ber haben sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen am Ferdinand-Steinbeis-Institut schon vor dem trockenen Sommer Gedanken gemacht. Und zwar ganz konkret: mit einem Projekt, das in Heilbronn, unterst眉tzt von der Dieter Schwarz Stiftung, modellhaft aufzeigt, wie es zu schaffen ist, dass kostbares Leitungswasser aus dem Bodensee nicht im Leitungsnetz versickert.

Undichte Stellen in Wasserrohren k枚nnen daf眉r sorgen, dass deutlich weniger Wasser bei uns durch den Hahn flie脽t als m枚glich. In Deutschland versickern wegen undichter Stellen mehr als zehn Prozent des kostbaren Wassers. Im Heilbronner Netz kommen laut aktuellen Erhebungen vermutlich sogar 18 Prozent des eingespeisten Trinkwassers nicht beim Endverbraucher an.

Ein sehr handfestes Problem. Und genau deshalb die richtige Fragestellung f眉r das Ferdinand-Steinbeis-Institut. Die Forschungseinrichtung auf dem 911爆料网scampus in Heilbronn ist keine Dependance eines universit盲ren Elfenbeinturms, sondern ein Institut, das wissenschaftliche Forschung auf internationalem Niveau r眉ckf眉hrt auf die L枚sung einer konkreten Fragestellung. Duale Forschung ist das Prinzip: Was hier erdacht und entwickelt wird, hat immer einen handfesten Bezug zu den gegenw盲rtigen tats盲chlichen Herausforderungen von Unternehmen.

鈥濿ir wollen mit unserer Arbeit einen realen Nutzen f眉r Wirtschaft und Gesellschaft erzielen鈥�, sagt Prof. Dr. Heiner Lasi, wissenschaftlicher Leiter des Ferdinand-Steinbeis-Instituts. Im Blick hat das Institut dabei insbesondere den Mittelstand. Wie dieser mithilfe von Digitalisierung fit f眉r die Zukunft gemacht werden kann, ist ein zentrales Anliege der Forschungseinrichtung. Allerdings:
Um blinde Technikverliebtheit geht es dabei nicht. Auch Fragen nach der gesellschaftlichen Akzeptanz von k眉nstlicher Intelligenz geh枚ren zu den Themen, denen sich das Team an zwei Standorten in Heilbronn und Stuttgart stellt. 鈥濫s gibt Technologien, die
brillant, aber ethisch bedenklich sind. So etwas denken wir mit鈥�, sagt Lasi. Was damit zu tun hat, dass kluge K枚pfe aus vielen Fachbereichen im Ferdinand-Steinbeis-Institut t盲tig sind. Interdisziplinarit盲t wird hier gelebt: Neben Informatikern oder Maschinenbauerinnen gibt es eben auch Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus den Disziplinen Psychologie, Soziologie oder Politik im Team.

鈥濿ir sprechen hier auch die Sprache der Wirtschaft und der Industrie鈥�

鈥濱ch habe eine wissenschaftliche Karriere gemacht, ohne das je geplant zu haben鈥�, sagt der Wirtschaftsinformatiker Heiner Lasi, der in schnellem Tempo spricht und dabei seinen s眉ddeutschen Zungenschlag nicht verleugnet. Nach Promotion und Habilitation an der Universit盲t Stuttgart hat er sich allerdings von der staatlichen Universit盲t verabschiedet und 2015 in Stuttgart zusammen mit einem Mitarbeiter das Ferdinand-Steinbeis-Institut in Stuttgart aufgebaut. Heute arbeiten rund 35 Menschen an Fragen zur digitalen Transformation im Spannungsfeld von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Seit 2019 gibt es den Standort auf dem Heilbronner Campus 鈥� nachdem die Dieter Schwarz Stiftung auf das sich gleichsam an Wirtschaft und Wissenschaft ausgerichtete Institut aufmerksam geworden war.

鈥濧ls Wissenschaftler sollte man bei der L枚sung von Problemen nicht in einzelnen F盲chern denken, sondern sich vernetzen und interdisziplin盲r denken. Genau das ist im klassischen Wissenschaftsbetrieb aber wenig verbreitet鈥�, begr眉ndet Lasi seinen Ausstieg aus der Universit盲t, der aber keineswegs ein Ausstieg aus der internationalen Forschung war. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Institut aus konkreten Fragestellungen heraus gewonnen werden, werden publiziert und auf internationalen Konferenzen vorgetragen. 鈥濿ir sind mit unseren Schwerpunkten wie Industrial Intelligence durchaus ein Leuchtturm im wissenschaftlichen Umfeld鈥�, sagt Heiner Lasi. Die Publikationsliste kann sich sehen lassen, die Zahl der abgeschlossenen Projekte ebenso: 39 sind es, an die in der Regel nach
jeweils einem Jahr ein Knopf gemacht wird. Auch das geh枚rt zur DNA des Instituts: Wer der Wirtschaft und der Gesellschaft Nutzen stiften will, darf sich nicht verzetteln, sondern muss liefern. Die Auftraggeber reichen von Liebherr bis zur Evangelischen Landeskirche, die Projekte umfassen den regionalen Mittagstisch in einer Betriebskantine genauso wie die Intralogistik.

鈥濿ir m眉ssen unser Forschungsbudget selbst erwirtschaften鈥�,

erkl盲rt Heiner Lasi. Die Mittel dazu kommen von Bund und Land f眉r einzelne Projekte, auch Stiftungen, wie die Dieter Schwarz Stiftung, geben Geld f眉r diese wichtige Arbeit. Stichwort erwirtschaften: die Gesch盲ftsf眉hrung des Instituts hat Michael K枚hnlein inne. Ein Mann, der viele Jahre als Gesch盲ftsf眉hrer und Gesellschafter in einem mittelst盲ndischen Unternehmen t盲tig war. 鈥濿ir sprechen hier auch die Sprache der Wirtschaft und der Industrie鈥�, sagt K枚hnlein. 鈥濿ir鈥� 鈥� denn das gilt eben nicht nur f眉r ihn selbst. Im Team sind viele, die eine
Karriere in einem Unternehmen hinter sich haben und jetzt daran beteiligt sind, dass der Transfer von Wissenschaft und Wirtschaft gelingt.

Damit er das tut, sind in die Projekte von Anfang an auch Unternehmen eingebunden. Auch beim Aufsp眉ren von Leckagen im Heilbronner Wasserleitungsnetz ist das so. Da gibt es die HNVG, die f眉r die Trinkwasserversorgung in Heilbronn zust盲ndig ist. Ebenso ist die Expertise eines Bauunternehmens gefragt, das Rohre einbaut, austauscht, Ventile wechselt. Das Versicherungsunternehmen, das ein gro脽es Interesse daran hat, dass Leitungssch盲den fr眉hzeitig bemerkt werden und es gar nicht erst zu einem Rohrbruch kommt, ist ebenfalls beteiligt, genauso wie die Herstellfirma digitaler Wasseruhren. Dann gibt es noch das Start-up, das die gewonnenen Daten in Schaubilder 眉bersetzt, sozusagen einen digitalen Zwilling der vorgefundenen Realit盲t aus Leitungen, Sch盲chten, Durchfluss und Wasserdruck erstellt. Das Versuchsfeld ist erst einmal 眉berschaubar: eine Stra脽e mit f眉nf H盲usern und einem Mehrfamilienhaus. Dort wurden die Sensoren und die digitalen Wasseruhren eingebaut.

Auch Aufkl盲rung und 脺berzeugungsarbeit geh枚ren zum Projekt dazu: Lasi war bei den Gespr盲chen an der Haust眉r dabei, um die Bewohnerinnen und Bewohner zu 眉berzeugen, dass es f眉r sie sinnvoll ist, digitale Z盲hler einbauen zu lassen. Jetzt geht es darum, aus den Daten abzuleiten, wie Algorithmen gestaltet sein m眉ssen, damit Abweichungen, sprich lecke Stellen oder eine permanent rinnende
Toilettensp眉lung, erkannt werden. 鈥濧us einem kleinen Modell skalieren wir dann die n盲chstgr枚脽ere Ebene鈥�, sagt Lasi 眉ber das Verfahren. Fest steht aber jetzt schon: Es scheint m枚glich, den Verlust im Leitungsnetz von 18 Prozent auf unter sechs Prozent zu senken, wenn man die Digitalisierung entsprechend nutzt. Ein gangbarer und f眉r die Gesellschaft 眉beraus sinnvoller Weg, um zunehmend kostbarer werdendes Wasser nicht zu verschwenden.